Entscheidung

Entscheidung Nr. 2014-426 QPC vom 14. November 2014

Herr Alain L. [Einbehaltung von zur Ausfuhr angebotenen Kunstwerken]

Der Verfassungsrat ist am 8. September 2014 gemäß den von Artikel 61-1 der Verfassung vorgesehenen Voraussetzungen vom Staatsrat (Beschluss Nr. 381813 vom 8. September 2014) bezüglich einer von Herrn Alain L. erhobenen vorrangigen Frage zur Verfassungsmäßigkeit angerufen worden, welche die Frage der Vereinbarkeit von Artikel 2 des Gesetzes vom 23. Juni 1941 über die Ausfuhr von Kunstwerken mit den von der Verfassung verbürgten Rechten und Freiheiten zum Gegenstand hat.

DER VERFASSUNGSRAT,

Unter Bezugnahme auf die Verfassung;

Unter Bezugnahme auf die geänderte gesetzesvertretende Verordnung Nr. 58-1067 vom 7. November 1958, Verfassungsergänzungsgesetz über den Verfassungsrat;

Unter Bezugnahme auf das Gesetz Nr. 2595 vom 23. Juni 1941 über die Ausfuhr von Kunstwerken;

Unter Bezugnahme auf das Gesetz Nr. 92-1477 vom 31. Dezember 1992 über Waren, deren freier Verkehr bestimmten Einschränkungen unterliegt, sowie über die wechselseitige Ergänzung von Polizei, Gendarmerie und Zoll;

Unter Bezugnahme auf die Geschäftsordnung vom 4. Februar 2010 über das Verfahren vor dem Verfassungsrat bei vorrangigen Fragen zur Verfassungsmäßigkeit;

Unter Bezugnahme auf die für den Antragsteller von Herrn Lionel Levain, Rechtsanwalt der Anwaltskammer von Paris, eingereichte Stellungnahme, eingetragen am 30. September 2014;

Unter Bezugnahme auf die Stellungnahme des Premierministers, eingetragen am 30. September 2014;

Unter Bezugnahme auf die zu den Verfahrensakten gegebenen Unterlagen;

Nachdem Herr RA Levain für den Antragsteller und Herr Xavier Pottier, Beauftragter des Premierministers, im Rahmen der mündlichen Verhandlung vom 4. November 2014 gehört worden sind;

Nachdem der Berichterstatter gehört worden ist;

  1. In Erwägung dessen, dass der Artikel 2 des Gesetzes vom 23. Juni 1941 über die Ausfuhr von Kunstwerken bestimmt: „Der Staat hat das Recht, zur Ausfuhr angebotene Werke zum vom Ausfuhrhändler festgelegten Preis für sich oder für ein Departement, eine Gemeinde oder eine Anstalt des öffentlichen Rechts zurückzubehalten.
    „Dieses Recht kann binnen eines Zeitraumes von sechs Monaten geltend gemacht werden“;

  2. In Erwägung dessen, dass der Antragsteller behauptet, die angegriffene Vorschrift, welche dem Staat die Einbehaltung bestimmter Kunstwerke zugunsten öffentlicher Sammlungen erlaubt, verletze die Eigentumsgarantie; dass er insbesondere vorträgt, diese Bestimmung sehe keine gerechte und vorherige Entschädigung für den Eigentümer des auf diese Weise entzogenen Kunstwerkes vor;

  3. In Erwägung dessen, dass Artikel 17 der Erklärung der Menschen- und Bürgerrechte von 1789 verkündet: „Da das Eigentum ein unverletzliches und heiliges Recht ist, kann es niemandem genommen werden, außer wenn es die gesetzlich festgelegte, öffentliche Notwendigkeit augenscheinlich erfordert, und unter der Bedingung einer gerechten und vorherigen Entschädigung“; dass ein Gesetz, will es diesen verfassungsrechtlichen Anforderungen genügen, die Entziehung von Eigentum nur dann erlauben darf, wenn eine diesbezügliche öffentliche Notwendigkeit rechtswirksam festgestellt wurde;

  4. In Erwägung dessen, dass das Gesetz vom 23. Juni 1941 bis zu seiner Aufhebung durch das oben genannte Gesetz vom 31. Dezember 1992 die Ausfuhr von Kunstwerken, auf das es anwendbar war, geregelt hat; dass es zum Zweck hatte, die überprüfungslose Ausfuhr von historisch oder künstlerisch für die Nation wertvollen Gegenständen zu verbieten; dass gemäß Artikel 1 des Gesetzes vom 23. Juni 1941 für die Ausfuhr derartiger Gegenstände die Erteilung einer Genehmigung durch den Staatssekretär für Bildung und Jugend erforderlich ist, der für seine Entscheidung über eine Frist von einem Monat ab dem Zeitpunkt der vom Eigentümer der auszuführenden Gegenstände beim Zoll abgegebenen Erklärung verfügt; dass diese Genehmigungspflicht für Möbelstücke aus der Zeit vor 1830, für die vor dem Jahr 1900 entstandenen Werke von Malern, Graveuren, Zeichnern, Bildhauern und Dekorateuren sowie für die aus Ausgrabungen in Frankreich oder Algerien stammenden Gegenstände gilt;

  5. In Erwägung dessen, dass die angegriffenen Bestimmungen von Artikel 2 des Gesetzes vom 23. Juni 1941 zugunsten des Staates das Recht vorsehen, die Gegenstände, für die eine Ausfuhrgenehmigung nach Artikel 1 verweigert wurde, „zurückzubehalten“; dass dieses Recht binnen eines Zeitraums von sechs Monaten, nachdem der Genehmigungsantrag gestellt wurde, geltend gemacht werden kann, auch wenn der Eigentümer keine Verkaufsabsicht geäußert hat; dass infolgedessen diese Aneignung beweglicher Sachen durch eine juristische Person des öffentlichen Rechts eine Entziehung des Eigentums im Sinne von Artikel 17 der Erklärung von 1789 bewirkt;

  6. In Erwägung dessen, dass das Recht, eine Ausfuhrgenehmigung zu verweigern, dem Ziel von Allgemeininteresse dient, dass Gegenstände von nationaler historischer oder künstlerischer Bedeutung in Frankreich verbleiben; dass die von den damals geltenden und angegriffenen Bestimmungen erlaubte Entziehung des Eigentums für die Erfüllung dieses Zieles nicht notwendig ist; dass der Gesetzgeber, als er die Zwangsveräußerung solcher Gegenstände zugunsten einer juristischen Person des öffentlichen Rechts vorgesehen hat, obgleich die Ausfuhr der Gegenstände aus Frankreich bereits verweigert wurde, eine Entziehung des Eigentums begründet hat, ohne die Kriterien für die Feststellung einer öffentlichen Notwendigkeit festgesetzt zu haben; dass die angegriffene Vorschrift daher nicht auf einer öffentlichen Notwendigkeit als Grund beruht;

  7. In Erwägung dessen, dass aus diesen Ausführungen folgt, dass die von der angegriffenen Vorschrift erlaubte Entziehung des Eigentums den Anforderungen aus Artikel 17 der Erklärung von 1789 nicht genügt; dass der Artikel 2 des Gesetzes vom 23. Juni 1941 daher für verfassungswidrig erklärt werden muss;

  8. In Erwägung dessen, dass Artikel 62 Absatz 2 der Verfassung bestimmt: „Eine gemäß Artikel 61-1 für verfassungswidrig erklärte Bestimmung ist ab der Veröffentlichung der Entscheidung des Verfassungsrates oder zu einem in dieser Entscheidung festgesetzten späteren Zeitpunkt aufgehoben. Der Verfassungsrat bestimmt die Bedingungen und Grenzen einer möglichen Anfechtung der Folgen der betreffenden Bestimmung“; dass wenngleich grundsätzlich die Partei, welche die vorrangige Frage zur Verfassungsmäßigkeit erhoben hat, einen Vorteil aus der Verfassungswidrigkeitserklärung erlangen soll und die für verfassungswidrig erklärte Bestimmung in zum Zeitpunkt der Entscheidung des Verfassungsrates anhängigen Gerichtsverfahren nicht mehr angewendet werden darf, so behält die Vorschrift des Artikels 62 der Verfassung dem Verfassungsrat vor, den Zeitpunkt festzulegen, an dem die Aufhebung der verfassungswidrigen Norm eintritt, und zu bestimmen, ob und auf welche Art und Weise Rechtsfolgen angefochten werden können, die vor der Verfassungswidrigkeitserklärung auf der Grundlage der verfassungswidrigen Vorschrift eingetreten sind;

  9. In Erwägung dessen, dass die Aufhebung von Artikel 2 des Gesetzes vom 23. Juni 1941 mit der Veröffentlichung der vorliegenden Entscheidung wirksam wird; dass sie in allen zum Zeitpunkt der Veröffentlichung dieser Entscheidung anhängigen und noch nicht rechtskräftig abgeschlossenen gerichtlichen Verfahren geltend gemacht werden kann,

ENTSCHEIDET:

Artikel 1 - Die Vorschrift von Artikel 2 des Gesetzes vom 23. Juni 1941 über die Ausfuhr von Kunstwerken ist verfassungswidrig.

Artikel 2 - Die in Artikel 1 ausgesprochene Verfassungswidrigkeitserklärung wird ab der Veröffentlichung der vorliegenden Entscheidung gemäß den in der Erwägung Nr. 9 festgelegten Voraussetzungen wirksam.

Artikel 3 - Diese Entscheidung wird im Amtsblatt der Französischen Republik veröffentlicht und gemäß den Vorschriften des Artikels 23-11 der oben genannten gesetzesvertretenden Verordnung vom 7. November 1958 zugestellt.

Beschlossen durch den Verfassungsrat in seiner Sitzung vom 13. November 2014, an der teilgenommen haben die Damen und Herren Jean-Louis DEBRÉ, Präsident, Jacques BARROT, Claire BAZY MALAURIE, Nicole BELLOUBET, Guy CANIVET, Michel CHARASSE, Renaud DENOIX de SAINT MARC, Hubert HAENEL und Nicole MAESTRACCI.

Veröffentlicht am 14. November 2014.

Les abstracts

  • 4. DROITS ET LIBERTÉS
  • 4.7. DROIT DE PROPRIÉTÉ
  • 4.7.4. Protection contre la privation de propriété
  • 4.7.4.1. Notion de privation de propriété

Les dispositions contestées de l'article 2 de la loi du 23 juin 1941 relative à l'exportation des oeuvres d'art instaurent, au profit de l'État, le droit de « retenir » les objets dont l'autorisation d'exportation a été refusée en application de l'article 1er. Ce droit peut être exercé pendant une période de six mois suivant la demande tendant à obtenir cette autorisation d'exporter sans que le propriétaire ne manifeste aucune intention de les aliéner. Par suite, cette appropriation par une personne publique de biens mobiliers entraîne une privation du droit de propriété au sens de l'article 17 de la Déclaration de 1789.

(2014-426 QPC, 14 November 2014, cons. 4, 5, JORF n°0265 du 16 novembre 2014 page 19330, texte n° 50)
  • 4. DROITS ET LIBERTÉS
  • 4.7. DROIT DE PROPRIÉTÉ
  • 4.7.4. Protection contre la privation de propriété
  • 4.7.4.2. Nécessité publique de la privation de propriété

Les dispositions contestées de l'article 2 de la loi du 23 juin 1941 instaurent, au profit de l'État, le droit de « retenir » les objets dont l'autorisation d'exportation a été refusée en application de l'article 1er. Ce droit peut être exercé pendant une période de six mois suivant la demande tendant à obtenir cette autorisation d'exporter sans que le propriétaire ne manifeste aucune intention de les aliéner. Par suite, cette appropriation par une personne publique de biens mobiliers entraîne une privation du droit de propriété au sens de l'article 17 de la Déclaration de 1789.
La possibilité de refuser l'autorisation d'exportation assure la réalisation de l'objectif d'intérêt général de maintien sur le territoire national des objets présentant un intérêt national d'histoire ou d'art. La privation de propriété permise par les dispositions contestées alors en vigueur n'est pas nécessaire pour atteindre un tel objectif. En prévoyant l'acquisition forcée de ces biens par une personne publique, alors que leur sortie du territoire national a déjà été refusée, le législateur a instauré une privation de propriété sans fixer les critères établissant une nécessité publique. Par suite, les dispositions contestées ne répondent pas à un motif de nécessité publique. Il résulte de ce qui précède que la privation du droit de propriété permise par les dispositions contestées méconnaît les exigences de l'article 17 de la Déclaration de 1789.

(2014-426 QPC, 14 November 2014, cons. 3, 4, 5, 6, 7, JORF n°0265 du 16 novembre 2014 page 19330, texte n° 50)
  • 11. CONSEIL CONSTITUTIONNEL ET CONTENTIEUX DES NORMES
  • 11.6. QUESTION PRIORITAIRE DE CONSTITUTIONNALITÉ
  • 11.6.2. Critères de transmission ou de renvoi de la question au Conseil constitutionnel
  • 11.6.2.1. Notion de disposition législative et interprétation
  • 11.6.2.1.2. Caractère législatif des dispositions

L'article 2 de la loi n° 2595 du 23 juin 1941 relative à l'exportation des œuvres d'art est une disposition législative (solution implicite).

(2014-426 QPC, 14 November 2014, cons. 1, JORF n°0265 du 16 novembre 2014 page 19330, texte n° 50)
  • 11. CONSEIL CONSTITUTIONNEL ET CONTENTIEUX DES NORMES
  • 11.8. SENS ET PORTÉE DE LA DÉCISION
  • 11.8.6. Portée des décisions dans le temps
  • 11.8.6.2. Dans le cadre d'un contrôle a posteriori (article 61-1)
  • 11.8.6.2.4. Effets produits par la disposition abrogée
  • 11.8.6.2.4.2. Remise en cause des effets
  • 11.8.6.2.4.2.1. Pour les instances en cours ou en cours et à venir

La déclaration d'inconstitutionnalité de l'article 2 de la loi du 23 juin 1941 relative à l'exportation des oeuvres d'art prend effet à compter de la date de la publication de la présente décision. Elle peut être invoquée dans toutes les instances introduites à la date de la publication de la présente décision et non jugées définitivement à cette date.

(2014-426 QPC, 14 November 2014, cons. 8, 9, JORF n°0265 du 16 novembre 2014 page 19330, texte n° 50)
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